EU AI Act – Bedeutung, Pflichten & Chancen für Unternehmen und Steuerberatung
Mit dem EU AI Act (Verordnung (EU) 2024/1689) hat die EU einen umfassenden Rechtsrahmen geschaffen, der den Einsatz von künstlicher Intelligenz reguliert. Ziel ist, Innovation zu ermöglichen, aber auch Risiken wie Datenschutzverletzungen, Diskriminierung oder mangelnde Transparenz zu verhindern. Für Unternehmen, Steuerberater:innen und Kanzleien ergeben sich daraus neue Pflichten – wir zeigen, was aktuell gilt und wie man sich vorbereitet.
Was ist der EU AI Act?
Die Verordnung wurde im Juli 2024 im Amtsblatt der EU veröffentlicht und trat am 1. August 2024 in Kraft. Ziel ist ein einheitlicher Rechtsrahmen für KI-Systeme in der EU: klare Regelungen je nach Risiko, Transparenzpflichten, Überwachung und Sanktionen im Falle von Verstößen. Der Ansatz ist risikobasiert: je nachdem, wie kritisch ein KI-System ist, gelten unterschiedliche Anforderungen.
Risikokategorien & Pflichten
Der AI Act unterscheidet im Wesentlichen zwischen verschiedenen Risiko-Stufen:
Fristen & wichtige Termine
Damit Unternehmen nicht überrascht werden, sind hier die wesentlichen Stichtage:
2. Februar 2025: seit diesem Datum sind verbotene KI‑Praktiken untersagt; außerdem Pflicht zur Schulung von Mitarbeiter:innen über KI‑Systeme, die im Einsatz sind.
2. August 2025: Transparenzpflichten für KI‑Modelle mit allgemeinem Verwendungszweck (General Purpose AI ‒ GPAI) treten in Kraft; erste Sanktionen möglich.
2. August 2026: Die meisten weiteren Verpflichtungen, insbesondere für Hochrisiko‑KI-Systeme, müssen ab dann voll eingehalten werden.
Für Hochrisiko‑KI gibt es teilweise verlängerte Übergangsfristen (z. B. 36 Monate) je nach Sektor.
Relevanz für Steuerberater:innen und Kanzleien
Für Kanzleien bzw. für den Bereich Steuerberatung ergeben sich spezifische Fragestellungen und Pflichtbereiche:
Auch Kanzleien, die KI‑Tools einsetzen (z. B. für Textgenerierung, Prognosen, Automatisierungen, Chatbots), fallen unter den AI Act je nach Risiko‑Kategorie. Auch wenn sie nicht selbst Entwickler sind, sondern Betreiber bzw. Anwender.
Dokumentation & Nachweisführung werden wichtiger: Welche KI‑Systeme werden verwendet, wofür, mit welchen Trainingsdaten; wie werden Fehlerquellen, Bias oder Diskriminierung geprüft?
Transparenz gegenüber Mandant:innen: z. B. wenn Texte, Analysen oder Beratung unter Einsatz von KI erstellt werden, muss erkennbar sein, dass KI beteiligt war.
Schulungen und Kompetenznachweis im Team sind Pflicht, sobald KI‑Systeme verwendet werden. Mitarbeiter müssen wissen, welche Pflichten gelten.
Compliance, Datenschutz und Informationssicherheit spielen eine starke Rolle: der AI Act baut auf existierenden Gesetzeswerken wie DSGVO, Produktsicherheit, Verbraucherschutz auf. Kanzleien sollten ihre Prozesse prüfen und gegebenenfalls anpassen.
Sanktionen & Risiken
Unternehmen, die gegen den AI Act verstoßen, riskieren:
Hohe Geldstrafen: bis zu 35 Millionen Euro oder 7 % des weltweit erzielten Jahresumsatzes bei schweren Verstößen, z. B. verbotene KI‑Anwendungen.
Bei weniger gravierenden Verstößen (z. B. Dokumentationspflichten, Transparenzpflichten) etwas niedrigere Sanktionen – aber immer noch empfindliche Strafen.
Reputationsrisiken: Fehler, insbesondere bei Mandant:innen, veröffentlichte KI‑Inhalte ohne Kennzeichnung, mangelnde Nachweise etc., können Vertrauen untergraben.
Handlungsempfehlungen für jetzt
Damit Sie vorbereitet sind und die neuen Vorschriften nicht als Last, sondern als Wettbewerbsvorteil nutzen können, empfehlen wir:
Bestandsaufnahme: Identifizieren Sie alle KI‑Systeme, Tools und Anwendungen, die bei Ihnen im Einsatz sind. Welche Risikoklasse haben sie?
Transparenz & Dokumentation etablieren: Legen Sie fest, wie Sie künftig dokumentieren, wer KI‑Modelle betreibt, welche Daten verwendet werden, wie Entscheidungen nachvollziehbar sind.
Schulungsmaßnahmen: Mitarbeiter:innen über den AI Act informieren; Grundwissen zu Risiken, Verantwortlichkeiten und Pflichten vermitteln.
Governance & Compliance: Ein KI‑Governance‑Rahmen, Zuständigkeiten, Verantwortlichkeiten, Prozesse etc. definieren. Gegebenenfalls externe Beratung hinzuziehen.
Verträge prüfen: Lizenzverträge, Datenschutzvereinbarungen, Nutzung von Dritt‑KI‑Diensten sollten hinsichtlich AI Act angepasst werden.
Transparenz gegenüber Mandant:innen: Offenlegen, wenn KI genutzt wird; klar kommunizieren, welche Rolle KI spielt, damit Pflichten erfüllt und Vertrauen gestärkt werden.
Conclusio
Der EU AI Act markiert einen bedeutenden Schritt in Richtung regulierter, sicherer und vertrauenswürdiger KI‑Nutzung in Europa. Für Unternehmen – und besonders Steuerberatungen und Kanzleien – eröffnen sich Chancen: Effizienzgewinne und Innovationen sind möglich, wenn man die neuen Regeln verstanden und umgesetzt hat.
Je früher Sie sich mit den Anforderungen auseinandersetzen, desto geringer das Risiko vermeidbarer Fehler und desto stärker Ihre Position als zuverlässiger Partner für Mandant:innen in einer zunehmend KI‑durchdrungenen Welt.
Hinweis: Es gelten die rechtlichen Vorschriften zum Stichtag 22.09.2025. Eine Anpassung an eventuelle rechtliche Änderungen wird in diesem Artikel nicht vorgenommen.
Director I Steuerberaterin
Anna Pasquale ist Steuerberaterin und Director von Simplify Tax Steuerberatung. Sie konzentriert sich darauf, maßgeschneiderte Lösungen für ihre Klienten zu finden. Mit einem klaren Blick für Details und einem proaktiven Ansatz unterstützt sie Unternehmen und Privatpersonen, ihre steuerlichen Herausforderungen effektiv zu meistern.