Umfassendes Maßnahmenpaket gegen Betrug: Milliarden sollen bis 2029 ins Budget fließen
Die österreichische Bundesregierung hat sich auf ein weitreichendes Betrugsbekämpfungspaket geeinigt, das eine Vielzahl an Schlupflöchern schließen, Steuerbetrug eindämmen und zusätzliche Einnahmen für das Budget generieren soll. Obwohl die finalen Verhandlungen bis in die frühen Morgenstunden dauerten, steht der Großteil der Maßnahmen nun fest.
Bereits im kommenden Jahr (2026) rechnet die Regierung mit 270 Millionen Euro Mehreinnahmen, bis 2029 sollen es insgesamt rund 1,4 Milliarden Euro werden.
Luxusimmobilien im Fokus: Vorsteuerabzug für Superreiche abgeschafft
Eines der prominentesten Themen betrifft die Steuergestaltung bei Luxusimmobilien, die zuletzt durch die Causa René Benko öffentlich geworden war.
Was ändert sich konkret?
Der Vorsteuerabzug für Wohnungen über 2 Millionen Euro fällt weg, sofern diese über Stiftungen oder GmbHs errichtet werden.
Das bedeutet: Keine Rückerstattung der 20% Umsatzsteuer auf den Baukosten mehr.
Ziel ist es, Konstruktionen zu verhindern, bei denen sich Vermögende Immobilien über eigene Firmen errichten lassen, diese selbst mieten und gleichzeitig steuerliche Vorteile lukrieren.
Das Finanzministerium erwartet durch diese Maßnahme jährlich rund 50 Millionen Euro an Mehreinnahmen.
Insolvenzrecht: Steuern und Sozialbeiträge werden anfechtungsfest
Die Regierung zieht auch Konsequenzen aus der Signa-Insolvenz. Bislang konnten im Insolvenzfall bereits geleistete Sozialversicherungsbeiträge oder Steuern vom Masseverwalter angefochten und der Masse wieder zugeführt werden.
Künftig gilt:
Abzugssteuern und Sozialversicherungsbeiträge sind anfechtungsfest.
Ausnahme: Wenn der Konkurs mangels Masse sonst nicht finanzierbar wäre, bleiben Anfechtungen zulässig.
Erwartete zusätzliche Einnahmen: 30 Millionen Euro pro Jahr.
Härteres Vorgehen gegen NoVA-Betrug: Ende der Rückerstattung beim Export
Ein weiteres großes Schlupfloch betrifft die Normverbrauchsabgabe (NoVA). Bislang konnten Unternehmen bei Exporten — selbst von stark beschädigten Fahrzeugen — die NoVA zurückfordern.
Die Regierung zieht hier einen Schlussstrich: Die Vergütung der NoVA bei Exporten wird vollständig abgeschafft.
Laut Finanzministerium werden hier jährlich rund 40 Millionen Euro durch betrügerische Konstrukte abgeschöpft — Einnahmen, die nun im Budget bleiben.
Sozialbetrug: Mehr Einsicht, mehr Verantwortung, mehr Sanktionen
Die Bekämpfung von Sozialbetrug war vor allem der ÖVP ein wichtiges Anliegen. Die Maßnahmen umfassen:
Erweiterte Auskunftspflichten: Künftig können Behörden Auskünfte auch von:
Auftraggebern
Dienstnehmern anderer Unternehmen
weiteren Personen, die Informationen über ein Beschäftigungsverhältnis haben könnten
verlangen. Das soll die Aufklärung verschachtelter Konstrukte erleichtern.
Bekämpfung von Scheinunternehmen
Im Bereich der SVS (Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen) kommt es zu:
schnelleren Meldungen bei Scheinselbstständigkeit
strengeren Sanktionen
Diese Maßnahmen zielen insbesondere auf Branchen mit hohem Betrugsrisiko, etwa die Bauwirtschaft.
Bauwirtschaft: Auftraggeberhaftung wird verschärft
Die Bauwirtschaft steht seit Jahren unter besonderer Beobachtung, wenn es um Lohn- und Abgabenbetrug geht. Daher wird die Auftraggeberhaftung bei Arbeitskräfteüberlassung ausgeweitet: Die Haftung steigt von 25 % auf 40 % des Auftragsvolumens.
Ziel ist es, Auftraggeber stärker in die Pflicht zu nehmen und dubiose Subunternehmerstrukturen zurückzudrängen.
Neue Einnahmequelle: Tabakerhitzer der nächsten Generation
Ein überraschender Punkt im Paket betrifft Tabakprodukte. Während viele Maßnahmen gegen Missbrauch gerichtet sind, sollen neue Tabakerhitzer auch zusätzliche Einnahmen generieren.
Aktuell sind in Österreich nur ältere Modelle wie die klassischen IQOS-Geräte zugelassen. Neue Geräte, die Tabak mittels Induktion erhitzen, waren bisher ausgeschlossen — weshalb Konsumenten oft auf das Ausland ausweichen.
Die Regierung erlaubt diese Produkte nun:
Erwartete Mehreinnahmen: 25–30 Millionen Euro jährlich
Quellen: Tabaksteuer und Umsatzsteuer
Schließung weiterer Schlupflöcher
Neben den großen Maßnahmen werden auch weitere Lücken im Steuersystem geschlossen:
Einmalige Vermögenszuflüsse aus dem Ausland
Bargeld oder Vermögensmassen, die aus dem Ausland nach Österreich übertragen werden, sind künftig nicht mehr automatisch steuerfrei, wenn sie nicht mit einer österreichischen Privatstiftung vergleichbar sind.
Bargeldannahme in Finanzämtern
Bargeldzahlungen werden auf 10.000 Euro begrenzt, um Geldwäsche und intransparente Zahlungswege einzudämmen.
Nicht umgesetzt wurden jedoch:
Verschärfung der Forschungsprämie
Erweiterung des Zugriffs ins Kontenregister
Diese Punkte scheiterten am Widerstand beider Koalitionsparteien.
Fazit: Eines der umfassendsten Pakete zur Betrugsbekämpfung der letzten Jahre
Mit dem neuen Maßnahmenbündel zeigt die Bundesregierung klare Ambitionen: Steuerhinterziehung, Sozialbetrug und missbräuchliche Konstrukte sollen deutlich erschwert werden. Die Bandbreite reicht von Luxusimmobilien über Autowrack-Exporte bis hin zu Tabakprodukten der nächsten Generation.
Obwohl nicht alle ursprünglich diskutierten Punkte Eingang ins Paket fanden, setzt die Regierung ein starkes Signal für mehr Steuergerechtigkeit, Transparenz und Gleichbehandlung.
Die kommenden Monate zeigen, wie rasch die Maßnahmen umgesetzt werden und ob die ambitionierten Einnahmenziele tatsächlich erreicht werden.
Hinweis: Es gelten die rechtlichen Vorschriften zum Stichtag 20.11.2025. Eine Anpassung an eventuelle rechtliche Änderungen wird in diesem Artikel nicht vorgenommen.
Mag. Dimitar Zlatev ist Steuerberater und Managing Director von Simplify Tax Steuerberatung. Er unterstützt Unternehmen und Privatpersonen in sämtlichen steuerlichen Fragen als kompetenter Partner. Bei komplexen Sachverhalten kreiert er verständliche und umsetzbare Lösungen.